Gute Mutter, guter Vater – Konstruktion von Elternschaft in Scheidungs- und Pflegschaftsverfahren in Österreich seit 1945

Die Verhandlung von Elternschaft und Obsorge durch am gerichtlichen Diskurs beteiligte Akteur*innen in Österreich seit 1945 steht im Mittelpunkt meiner Dissertation. Der Fokus liegt auf der Frage, auf welche Konstruktionen von Mutter- und Vaterschaft gerichtliche Dokumente von Scheidungs- bzw. Pflegschaftsverfahren verweisen. Elterliche Scheidung und Trennung bedarf einer Reorganisation der Eltern-Kind-Beziehung. In deren Konstruktion und Beurteilung beziehen sich Akteur*innen wie Mütter, Väter, Richter*innen, Sachverständige oder Anwält*innen, vor Gericht auf historisch jeweils unterschiedliche Normalitätsfolien und Leitbilder zu Elternschaft.

Ausgehend von der Annahme eines engen Wechselverhältnisses zwischen gesellschaftlichen Normalitäts- und Wertvorstellungen, Vorgaben des (Familien-)Rechts und den alltäglichen Lebensrealitäten werden mit einem diskurstheoretischen und genderkritischen Zugang (Dis-)Kontinuitäten im Narrativ von Mutter- und Vaterschaft sowie deren Konstruktionen im Diskursfeld Gericht erforscht. Zu diesem Zweck wird eine Dokumentenanalyse von Gerichtsakten aus Scheidungs- bzw. Pflegschaftsverfahren in fünf Zeiträumen seit 1945, die durch relevante gesetzliche Novellen des Familienrechts begründet sind, durchgeführt. Dadurch werden Debatten zu Elternschaft mit einer familiensoziologischen und geschlechtersensiblen Perspektive um die Facette der Konstruktion von Mutter- und Vaterschaft im Diskurs vor Gericht erweitert.

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EF-Sammlung 2003, Foto: Marlies Zuccato-Doutlik